Dissertationen in der naturwissenschafltichen Friedensforschung sind gleich zweimal mit dem Weizenbaum-Studienpreis 2024 ausgezeichnet worden: Sowohl Dr. Thea Riebe als auch Dr. Thomas Reinhold wurden für ihre 2022 bzw. 2023 abgeschlossenen Dissertationen, die beide von Prof. Dr. Dr. Christian Reuter am Lehrstuhl PEASEC an der TU Darmstadt betreut wurden, mit dem 1. Preis ausgezeichnet. Die Preisverleihung fand am Samstag, 26. Oktober 2024, ab 15:45 Uhr in Bremerhaven im Rahmen der FIfF-Tagung (2024.fiffkon.de) statt.
In ihrer Dissertation ‚Technology Assessment of Dual-Use ICTs – How to Assess Diffusion, Governance and Design‘ untersucht Dr. rer. nat. Thea Riebe untersucht in ihrer Dissertation Dual-Use-Informations- und Kommunikationstechnologien und entwickelt Methoden zur Bewertung ihrer Diffusion, Governance und Gestaltung. Dazu kombiniert sie aktuelle Arbeiten aus den Bereichen Technikfolgenabschätzung, kritische Sicherheitsforschung und Mensch-Computer-Interaktion, um Dual-Use-Risiken besser zu erkennen und ihre Auswirkungen zu steuern sowie bei der Forschung und Entwicklung sicherheitskritischer Artefakte zu reflektieren. Fallbeispiele sind autonome Waffensysteme, KI und Open-Source-Intelligenz. Prof. Dr. Alfred Nordmann fungierte als Zweitgutachter. Die vollständige Dissertation kann hier und hier eingesehen werden.
Der Cyberspace und seine globalen Infrastrukturen werden zu einem Bereich für nachrichtendienstliche und militärische Operationen, wie die Schaffung militärischer Cyber-Abteilungen und die Integration des Cyberspace in die Sicherheits- und Verteidigungsstrategien der Staaten zeigen. Viele traditionelle Instrumente der Transparenz, Deeskalation und Rüstungskontrolle funktionieren aufgrund der technischen Merkmale des Cyberspace nicht. Die Dissertation ‚Towards a Peaceful Development of Cyberspace – Challenges and Technical Measures for the De-escalation of State-led Cyberconflicts and Arms Control of Cyberweapons‘ von Dr. rer. nat. Thomas Reinhold untersucht, wie die Deeskalation staatlich geführter Konflikte und die Rüstungskontrolle von Cyberwaffen durch die Übernahme bestehender technischer Maßnahmen aus anderen Bereichen der Informatik erreicht werden kann. Er stellt ein Klassifizierungssystem für Cyberwaffen, Ansätze zur Reduzierung von Verwundbarkeitsbeständen und Methoden zum Nachweis der Nichtbeteiligung an Cyberkonflikten vor. Darüber hinaus gibt er Einblicke in die Verantwortung und Gestaltungsmöglichkeiten der Informatik bei der Förderung der friedlichen Nutzung des Cyberspace. Prof. Dr. Volker Roth fungierte als Zweitgutachter. Die Dissertation kann hier und hier eingesehen werden.
Mit dem Weizenbaum-Studienpreis will das FIfF herausragende Leistungen von Nachwuchswissenschaftlern auf diesem Gebiet auszeichnen. Studierende und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Qualifikationsphase sollen zu einer fundierten und differenzierten Auseinandersetzung mit Fragestellungen aus dem Bereich Informatik und Gesellschaft angeregt werden. Der Preis wurde 2010 zum ersten Mal verliehen. Seitdem hat das FIfF Arbeiten zur Anonymität im Internet, zur Online-Durchsuchung, zum Einsatz mobiler IT-Systeme im Unterricht, zur Videoüberwachung, zur Informationsmacht im Internet, zur Kriminalprognostik und vielen weiteren Themen ausgezeichnet.
Eingereicht werden konnten qualifizierte Abschlussarbeiten (Bachelor-, Master-, Diplomarbeiten oder Dissertationen), die in den letzten zwei Jahren vor Ablauf der Nominierungsfrist abgeschlossen wurden. Obwohl der Schwerpunkt der Ausschreibung auf Abschlussarbeiten in der Informatik liegt, sind auch Einreichungen aus thematisch verwandten Bereichen ausdrücklich erwünscht. Das FIfF stiftet den Weizenbaum-Studienpreis im Gedenken an den Wissenschaftler und Informatik-Pionier Professor Dr. Joseph Weizenbaum in Anerkennung seiner Verdienste um eine kritische Sicht der Informatik. Joseph Weizenbaum war maßgeblich an der Gründung der FIfF beteiligt, gehörte viele Jahre dem Vorstand an und hat sich durch seine wissenschaftlichen Leistungen beispielhaft für die Arbeit und Ziele der FIfF eingesetzt.
Mit der Verleihung des Preises will das FIfF auch die Bedeutung der Informatik für die gesellschaftliche Entwicklung unterstreichen und zu einer kritischen, öffentlichen Auseinandersetzung mit den Erkenntnissen und Artefakten der Informatik anregen.